Fizeau & Co.
Brechungsindex & Mitfuhrungskoeffizient

Die stellare Aberration
1725: Bradley, James
"Account of a New Discovered Motion of the Fixed Stars", Phil. Trans. 35 (1728), S. 637 ff. Radelnder Radler im Regen...
Der britische Astronom James Bradley beschreibt 1725, dass der Fixsternhimmel im Laufe eines Jahres eine elliptische Bewegung vollführt. Diese Ellipse liegt parallel zur Ekliptik, und die große Achse hat stets die Ausdehnung 20,49552'' (Bogensekunden). Er nannte dieses Phänomen "Aberration".
Analog zu der jährlichen Aberration gibt es die tägliche Aberration, denn ein irdischer Beobachter rotiert mit der rotierenden Erde und bewegt sich alle 12 Stunden in die entgegengesetzte Richtung. Die Aberrationskonstante beträgt 0,32''. Es gibt sogar eine säkulare Aberration, da sich das Sonnensystem durch das Weltall bewegt.
~
Teilchenmodell:

Die Aberration ist erklärbar mit Hilfe des Vektors der Geschwindigkeit der Erde und dem der Lichtteilchen. Sie ist der Winkel zwischen der Lichtgeschwindigkeit und der Summe Erd- plus Lichtgeschwindigkeit.
Äthermodell:

Mit der Annahme, dass der Äther relativ zum Fixsternhimmel in Ruhe ist, gilt die Vektoraddition wie im Teilchenmodell.
Einsteinmodell:

Die Herleitung geschieht mittels der Anwendung der Lorentztransformation auf zwei gegeneinander geradlinig, gleichförmig bewegte Koordinatensysteme.
Der mitgenommene Äther
1810: Arago, Dominique François Jean
”Mémoire sur la vitesse de la lumière", Annales de Chimie et de Physique 1853, 180-196 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196
Arago versuchte als erster, die Bewegung der Erde relativ zum Licht von Sternen experimentell nachzuweisen. Unter der Annahme, dass Licht aus Teilchen besteht, deren Geschwindigkeit von der Geschwindigkeit der Lichtquelle abhängt, berechnete er verschiedene Brechungsindizes in Glas für verschiedene Lichtgeschwindigkeiten. Seine Messungen mit Glasprismen ergaben keinen diesbezüglichen Unterschied.
1818: Fresnel, Augustin Jean
”Lettre de M. Fresnel à M. Arago, sur l’influence du mouvement terrestre dans quelques phénomènes d’optique“, Annales de Chimie et de Physique 9, 57-66.

Den negativen Ausgang des Experimentes von Arago erklärt Fresnel, Anhänger der Wellen-Äther-Theorie des Lichtes, mit einer teilweisen Mitnahme des Äthers in durchsichtigen Materialien. Das Licht erfährt eine Geschwindigkeitsänderung um den Faktor

1 − n−2

den sog. Fresnelschen Mitführungskoeffizienten. Dieser theoretische Wert wurde 1851 durch Fizeau recht gut experimentell bestätigt.
Der Brechungsindex n eines Materials gibt das Verhältnis der Lichtgeschwindigkeit (Phasengeschwindigkeit) c im Vakuum (Äther) zur Lichtgeschwindigkeit c' innerhalb des Materials an:

n = c / c'

1851: Fizeau, Armand Hippolyte Louis
”Sur les hypothèses relatives à l'éther lumineux, et sur une expérience qui parait d´emontrer que le movement des corps change la vitesse avec laquelle la lumière se propage dans la intérieur“, Comptes Rendus de l’Académie des Sciences de Paris XXXIII (1851) 349-355.

Deutsche Übersetzung in: Annalen der Physik und Chemie 1953, Ergänzungsband 3, 457-465.
457 458 459 460 461 462 463 464 465
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1871: Airy, George B.
"On a supposed alteration in the amount of astronomical aberration of light, produced by the passage of the light through a considerable thickness of refracting medium", Proc.Roy. Soc. (London) 20, 35-39.
Der britische Astronom Sir George Airy füllte 1871 ein Teleskop mit Wasser und erwartete eine größere Aberration. Die Lichtgeschwindigkeit in Wasser ist geringer ist als in Luft, somit ist die Aufenthaltsdauer des Lichtes im Teleskop größer und damit sollte die seitliche Bewegung des Teleskopes eine größere Winkelverschiebung bewirken. Er hat keinen Effekt gemessen.
Dieses Experiment zum horizontalen Fizeau-Effekt ist im Einklang mit dem Fresnelschen Mitnahmekoeffizienten, der schon bei Fizeaus vertikalem Experiment die "Erklärung" lieferte. Der Brechungsindex macht das Licht langsamer, der Koeffizient wieder schneller, und alles ist beim alten.
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Teilchenmodell:

x
Äthermodell:

x
Einsteinmodell:

However, the null result is readily understood in Einstein's theory in which the speed of light is independent of the velocity of the observer. The easiest way to grasp the null result is to consider the frame in which the telescope is stationary (see fig. 10.5.) In this frame, the starlight passes directly down the telescope axis without any refraction by the water. Thus the aberration angle is given directly by the velocity transformations for the incident light on the telescope objective, independently of whatever medium fills the telescope interior.
1873: Veltmann, Wilhelm
"Über die Fortplanzung des Lichtes in bewegten Medien", Annalen der Physik 2-150,  497–535.


497 498 499 500 501 502 503 504 505 506 507 508 509 510 511 512 513 514 515 516 517 518 519 520 521 522 523 524 525 526 527 528 529 530 531 532 533 534 535
Fig.1 Fig.2 Fig.3 Fig.4 Fig.5 Fig.6 Fig.7 Fig.8
Das die Fresnelsche Mitnahmetheorie falsch sein muss, zeigt Veltmann in seinerm Aufsatz. Der Brechungsindex eines Materials ist abhängig von der Frequenz des Lichts, so dass es für jede Frequenz einen eigenen Äther geben müsste, also unendlich viele.
Éleuthère Élie Nicolas Mascart leitete 1875 für doppelbrechende Materialien ab, dass es für jeden Strahl einen eigenen Äther geben müsste.
Die brechende Materie
Die Vorstellung, dass der Äther in Materie seine Dichte ändert und sogar teilweise mitgenommen wird, ist falsch. Wie aber sonst noch könnte die Lichtbrechung funktionieren?
Zickzack
Würde das Licht im Zickzack durch die Materie geleitet werden, ist dessen Weglänge größer, die Aufenthaltszeit ebenfalls, und insgesamt sieht es wie eine Verlangsamung der Lichtgeschwindigkeit aus.
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1999: Antoni, Giuseppe  & Bartocci, Umberto
Huckepack
Wird das Licht, dass sich durch transparente Materie bewegt, eine Zeitlang von der Materie aufgenommen und dann wieder in seiner Bewegungsrichtung abgegeben, ergibt sich eine Verzögerung, die die Messung von "langsameren" Licht ergibt.

Sei also
c die Lichtgeschwindigkeit ohne Materie
L die Weglänge (mit und ohne Materie)
n der Brechungsindex der Materie
Messzeit in ruhender Materie:
Δtm = L⋅(c/n)
    = n⋅L/c

Vakuumlaufzeit (ohne Materie):
Δtom = L/c

Absorptionszeit in ruhender Materie:
Δtim = Δtm − Δtom
     = n⋅L/c − L⋅c
     = (n−1)⋅L/c
Diese Gleichungen gelten z. B. für ruhendes Wasser in einer Röhre der Länge L. Die Frage ist nun: wie verändert sich die Absorptionszeit in fließendem Wasser mit der Geschwindigkeit v?
Bewegt sich das Wasser in Richtung des Lichtstrahls (v>0), so trifft das Licht auf weniger Wasserteilchen; bewegt sich das Wasser entgegengesetzt (v<0), wird das Licht auf mehr Wasserteilchen treffen (Laufband-Effekt). 
Effektive Weglänge im bewegten Wasser:
L(v) = L⋅(c−v)/c
Die Absorptions- und Messzeit verändert sich


Absorptionszeit im bewegten Wasser:
Δtim(v) = (n−1)⋅L(v)/c

Messzeit im bewegten Wasser:
Δtm(v) = Δtom + Δtim(v)
Für die Gesamtgeschwindigkeit V ergibt sich

Fresnel(c,n,L0,v) := c/n+v*(1-1/(n*n))

Einstein(c,n,L0,v) := ( (c/n)+v) / (1+ (v/(c*n)) )

Geschwindigkeit im bewegten Wasser:
V(v) = ( c* Δtom + v*Δtim(v)  ) / Δtm(v)





L = Weglänge (in Materie)
c = Geschwindigkeit des Signals ohne Materie
n = Brechungsindex

tv =     L/c         ( Laufzeit des Signals ohne Materie )
tm = n * L/c         ( Laufzeit des Signals in Materie = Messzeit )
ta = n * L/c - L/c   ( Absorptionszeit des Signals )

Es ist
vr = c/n = Geschwindigkeit des Signals in ruhender Materie

In Materie mit der Geschwindigkeit v wird das Signal Huckepack mitgenommen:
vm = vr + v ( Geschwindigkeit des Signals in bewegter Materie )

Es ändert sich die Weglänge des Signals in der Materie, so wie auch ein fahrendes Spielzeugauto (mit vr) auf einem Fließband (mit v) einen längeren oder kürzeren Weg (mit vm) zurücklegen muss:
L(v) = L * vr/vm = L * vr / ( vr+v ) = L * (c/n) / (c/n + v)

Es ergibt sich für die Absorbtionszeit ta(v) = (n-1) * L(v) / c
und für die Messzeit tm(v) = n * L(v) / c

Die Geschwindigkeit in bewegter Materie ist also:
Fizeau = ( c * tv  +  v * ta(v) ) / tm(v)

FizeauE(c,n,L0,v) = ( (c/n) + v ) / ( 1 + (v / (c*n)) )



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