Natürliche Dauermagnete
Magnetstein, Magneteisen, Magneteisenstein, Magneteisensand, Magneterz, Magnetit
Lodestone, Loadstone, Magnetite

In der Natur kann man Steine finden, deren Splitter sich gegenseitig anziehen oder abstoßen bzw. Steine, die andere Steine oder Dinge anziehen oder abstoßen können. Es handelt sich dabei um Magnetsteine und Bernsteine.
In diesem Abschnitt wird vor allem die Geschichte des Magnetsteins und dessen seltsames Verhalten beschrieben.
Mythen, Sagen und Erzählungen der "alten" Völker beinhalten eine Fülle von Mitteilungen zum Magnetismus. In altägyptischen Hieroglyphen, Tempelschriften und Keilschrifturkunden von Euphrat und Tigris finden sich Hinweise; Legenden der Mayas berichten darüber. Hier wird nur ein wenig über die wichtigsten "magnetischen Ereignisse" aufgelistet, die in China und Europa stattfanden.
China: Der erste Kompass
Wahrscheinlich sind Magnetsteine mindestens seit 800 v. Chr. in China bekannt. Bis sie zu einer praktisch-technischen Anwendung genutzt wurden, vergingen etliche Jahrhunderte.

Den Anfang bildet ein aus Magnetstein geschnitzter Löffel. Nach einer Schrift von Wang Ch'ung aus dem Jahr 83 n. Chr. hat Hanfuzius (280-233 v. Chr.) den Si Nan entwickelt, einen leicht drehbaren Löffel aus Magnetstein auf einer Erdscheibe aus Bronze, dessen Stiel sich stets nach Süden ausrichtet (Südzeiger, Südweiser, Richtungsweiser).


Der Si Nan wurde nicht als Kompass genutzt, d. h. zum Navigieren auf See und Land, sondern war eine Art göttlicher Hilfe zum Ausrichten von Straßen und Häusern, diente der Wahrsagerei und spielte eine Rolle bei mythischen Riten, Zeremonien oder magischen Handlungen. Er spielt heutzutage immer noch eine Rolle im Feng Shui.

Irgendwann zwischen dem 4. und 10. Jahrhundert wurden die Löffel-Südzeiger durch eiserne Objekte wie Fische, Kaulquappen oder Nadeln ersetzt. Es ist der remanente (zurückbleibende) Magnetismus bei Eisen, kurz: die Remanenz, entdeckt worden:
  1. Gegenstände aus Eisen können zu Magneten werden, wenn sie an einem Magnetstein gerieben werden (Tribo(?)remanenz).
  2. Eisen wird in Süd-Nord-Richtung magnetisch, wenn es bis zur Rotglut erhitzt und dann rasch abgekühlt wird (Thermoremanenz).
Der usprünglich wichtige Magnetstein wurde immer unwichtiger, oder sogar überflüssig. Der "Schwimmende Fisch" (Thermo) wurde erfunden, dann die "Schwimmende Nadel". Außerdem gab es spitzengelagerte Südzeiger mit einem Kern aus Magnetstein sowie fadengehängte Eisennadeln.

1044 erschien das Buch "Wu Ching Tsung Yao", eine Sammlung mit militärischen Schriften, die sich u. a. mit dem "Finden des Richtigen Weges" beschäftigen. Truppen in finsterer Nacht oder bei schlechtem Wetter nahmen den schwimmenden Fisch zu Hilfe. Es handelt sich um einen kleinen eisernen Fisch, der dank seiner Bootsform auf der Wasseroberfläche in einer Schale schwimmen konnte und die Himmelsrichtungen anzeigte.

 

1086 beschreibt Shen Kua (Philosoph, Wissenschaftler, Techniker; 1031-1095) in seinem Buch "Meng ch'i pi t'an" das Reiben einer Eisennadel an Magnetstein, die verschiedenen Lagermöglichkeiten (Schwimmen, Hängen, Balancieren), die Nutzung eines Magneten für die Navigation und die kleine Abweichung (Deklination) eines Kompasses von der tatsächlichen Nord-Süd-Richtung. Dieses Buch enthält die erste klare Beschreibung des magnetischen Kompasses und der magnetischen Deklination, ein Jahrhundert bevor der Kompass in Europa erwähnt wird.

Hängen
Schwimmen

Balancieren
Europa: Magnetismus und Elektrizität wachsen zusammen
Ca. 500 v. Chr. lebte Thales von Milet, der als Kaufmann weit umher kam und sich große Kenntnisse auf verschiedenen Gebieten erwarb. Er kannte den Magnetismus und beschrieb als erster Europäer die Anziehungskraft von Magnetsteinen aus der Gegend von Magnesia auf Eisenteilchen.

Er erwähnte auch erstmals die Wirkung von Bernstein: Federn oder Strohstückchen blieben an ihm haften, wenn er zuvor mit einem trockenen Seidentuch gerieben wurde.

Thales hatte die Vorstellung eines im gesamten Kosmos anwesenden göttlichen Prinzips der Bewegung, des Bewegenden. Deshalb schrieb er Magnet- und Bernsteinen zur Erklärung der merkwürdigen anziehenden (bewegenden) Eigenschaft eine Art Seele zu.
Der Begriff "Seele" ist nicht klar definiert. Es gibt ganz allgemein gesagt 4 Vorstellungen:
  1. Sie ist prinzipiell die Basis für Leben und Bewegung.
  2. Sie ist dasjenige, was am Menschen nicht körperlich ist (Psychisches, Mentales, Geistiges, Bewusstsein).
  3. Sie ist das, was den Menschen ausmacht (sein Selbst oder Ich, das Unsterbliche in ihm, das, was ihn mit Gott oder der Weltseele verbindet).
  4. Sie ist der menschliche Charakter, das Gemüt, im Unterschied zur Rationalität.

Ca. 350 v. Chr. setzt Aristoteles eine Einheit von bewegendem und bewegtem Objekt voraus. Also muss es eine Substanz geben, die für Wirkungen über Entfernungen sorgt. Diese Sichtweise hielt sich über 2000 Jahre und sorgte für eine Vielzahl von Theorien über mysteriöse Flüssigkeiten oder Ausflüsse, bis hin zur Äther-Theorie zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Ca. 300 v. Chr. beschreibt Theophrast von Eresos in seinem Werk "Über die Steine" ein weiches, perlmuttartig glänzendes Mineral unter dem Namen "Magnetis". Es handelt sich um Steatit, hat also nichts mit Magnetstein zu tun.

Ca. 50 n. Chr. schreibt Plinius der Ältere in seinem umfassenden Werk "Naturalis Historiae" eine nette Geschichte über die Entdeckung des Magnetsteins:

Ein Hirte namens Magnes ging über den Berg (Hügel) Ida, der den Göttern geweiht war. Seine Schuhe waren mit Eisennägel beschlagen, sein Hirtenstab hatte eine eiserne Spitze. Plötzlich blieb er am Erdboden hängen, und konnte sich nur mit Mühe von diesem Ort entfernen. Er glaubte an ein Eingreifen der Götter. Die Steine, die noch an seinen Schuhen und seinem Stab hafteten, wurden nach ihm benannt.
Eine tragische Geschichte aus Griechenland erzählt von der akustischen und der optischen Reflektion:

Die Bergnymphe Echo war wegen eines Vergehens schwer bestraft: sie konnte nicht mehr frei sprechen und nur noch Gehörtes wiederholen. Sie verliebte sich verzehrend in den schönen Jüngling Narcissos, der sie jedoch abwies. Vor Kummer darüber magerte Echo zu einem Skelett ab, dass zu Felsgestein wurde. Ihre Stimme jedoch starb nicht, und so können manche Felsen heute immer noch Wörter wiederholen.

Narcissos aber, der wegen seiner überaus großen Schönheit von Frauen wie auch von Männern begehrt wurde, ist für seine Abweisung Echo's hart bestraft worden: er verliebte sich in sein eigenes Spiegelbild und starb an der Quelle, in der er sich in qualvollem, unbefriedigtem Verlangen anblicken musste. Dort wuchs dann die nach ihm benannte Blume, die Narzisse.

Ca . 1160: Entstehung des französischen "Roman d'Enéas," in welchem der Magnetismus erwähnt wird: die Mauern von Karthago sollen mit Magneten besetzt gewesen sein und Feinde in eisernen Panzerungen festgehalten haben. Es gibt eine ganze Reihe von Erzählungen, Sagen, Romanen usw. in denen Magnete oder Magnetismus in mehr oder minder phantastischer oder übertriebener Form eine Rolle spielen.

Ca. 1190: In einem französischen Poem wird eine Wasserbussole beschrieben (eine Art "Winkelmesskompaß" mit Magnetnadel) , bei der eine magnetische Nadel auf schwimmenden Strohhalmen befestigt war.

Ca. 1187 - 1199: Der als Professor wirkende englische Mönch Alexander Neckam (auch: Alexander Neckham) empfiehlt in seinem Werk "De naturis rerum" den Seeleuten einen Kompass zur Navigation. Damals wurde er als magnetisierte Nadel beschrieben, die auf einer Pfeilspitze lagert, immer zum Polarstern zeigt und so den Seeleuten den Weg weist. Ursprünglich für gefährliches Teufelszeug gehalten, setzte sich der Kompass in der darauf folgenden Zeit als das Mittel zur Kursbestimmung durch.

1231: Der Pariser Bischof Wilhelm von Auvergne verfasst das Werk "De universeo creaturarum," in welchem er die Bewegung der himmlischen Sphären durch magnetische Induktion erklärt, der Fähigkeit eines Magneten, ein Stück Eisen zu magnetisieren.

1269: Pierre de Maricourt (Petrus Peregrinus) schreibt ein Werk über den Magnetismus: "Epistola Petri Peregrini Maricurtensis de Magnete". Darin werden zahlreiche Experimente vorgestellt, die er mit seinem kugelförmig geschliffenen Magnetstein namens "Terella" (kleine Erde) durchführte. Er entdeckt, dass ein Magnet zwei Pole hat.

Diese Schrift, die u. a. die Zeichnung eines Kompasses mit arabischen Ziffern zeigt, ist jahrhundertelang das Standardwerk über den Magnetismus. Erst 1600 veröffentlicht William Gilbert, der Teile von Maricourts Werk übernahm, sein berühmtes "De Magnete".

1551 Girolamo Cardano (Jerôme Cardin), ein italienischer Mathematiker, unterscheidet erstmals zwischen statischer Elektrizität und Magnetismus. Dies wurde ihm klar, als er sah, dass Bernstein nur leichte Materialien wie Federn, Kork und Stroh anzog, Magnetstein hingegen nur Dinge aus Eisen wie Nadeln oder Nägel.

1600 : William Gilbert (1544-1603) vollendet nach 18 Jahren des Experimentierens mit magnetischen und elektrischen Materialien sein Buch "De Magnete".
http://www.phy6.org/earthmag/Dmaglist.htm

1644: René Descartes beschreibt das Magnetfeld als mechanische Wirbelbewegung eines Äthers um eine Achse, deren Enden die magnetischen Pole sind. Eine damals sehr erfolgreiche Theorie.

1687: Isaac Newton leitet ein umgekehrt kubisches Kraftgesetz für die Pole eines Magneten ab ( Kraft ~ 1/Abstand3 )

1750: John Michell zeigt in seinem Buch "A Treatise on Artificial Magnets", dass die Wirkung eines Magneten auf einen anderen durch ein umgekehrt quadratisches Kraftgesetz der einzelnen Pole erklärt werden kann.

1785: Coulomb bestätigt Michell's Kraftgesetz. Er deutet an, dass es unmöglich ist, einen Magneten derart in zwei Teile zu trennen, so dass zwei Monopole entstehen. Die entstandenen Teile haben stets wieder einen Nord- und einen Südpol.

1820: Hans Christian Oersted bemerkt die Ablenkung einer Kompassnadel in der Nähe eines stromdurchflossenen Drahtes. Dieser Zusammenhang von Elektrizität und Magnetismus führt zu einer Zusammenfassung der beiden Phänomene und zum Bau von elektromagnetischen Generatoren und Motoren.
Mineralogisches
Magnetstein besteht im wesentlichen aus dem beständigsten Oxid des Eisens mit der Formel Fe3O4 (Magnetit). Die weniger hitzebeständige Oxidform ist Fe2O3 (Haematit) und nicht magnetisch; sie wandelt sich ab 1400° C. in Magnetit.

Magnetit ist kein seltenes Mineral und besonders häufig in Eruptivgesteinen zu finden. Es ist das wichtigste und verbreitetste Eisenerz mit einem relativ starken natürlichen Magnetismus. In kristalliner Form ist es recht schwer, schwarz, leicht metallisch glänzend.

An manchen Sandstränden können mit einem Magneten kleine schwarze Krümelchen aus dem Sand angezogen werden. Es handelt sich dabei meist um Magnetit.

Magnetsteine mit kräftigem Magnetismus sollen aus sehr magnetithaltigen Steinen bestehen, in deren Nähe ein Blitz eingeschlagen ist. Dessen elektrischer Strom und somit dessen Magnetfeld kann Magnetit bis zur Sättigung magnetisieren. In der Geschichte von Plinius mit dem Hirten auf dem Hügel kann also ein wenig Wahrheit stecken.
Bedrohliches
Die "kleine Erde" (Terella) von Pierre de Maricourt hat heutzutage ein anderes Gesicht bekommen:
 
Das Magnetfeld unserer Erde schützt uns vor tödlichen Strahlen unserer Sonne (Stichwort: Van-Allan-Gürtel). Die Ursache des irdischen Magnetfeldes ist ein ungeklärtes Rätsel; es verschwindet ab und an, um sich dann in umgekehrter Magnetisierung wieder aufzubauen. Wir leben zur Zeit in einem rasch abnehmenden Feld. In wenigen Jahrhunderten ist es voraussichtlich verschwunden und die nicht nur lebensspendende Sonne kann ihre tödlichen, bzw. die Lebewesen stark verändernden, Teilchenstrahlen, recht ungehindert auf die Lufthülle prasseln lassen.

Die Wirkung auf Menschen, Tiere und Pflanzen ist voraussichtlich keine angenehme.

Zurück zu "Magnetisches" Letzte Änderung 3.8.2003